Gelber Haftnotizzettel auf einer Holzoberfläche. Darauf steht handgeschrieben „Sorry“ in grüner Tinte, gefolgt von einem lächelnden Gesicht.

Versöhnung als Schlüssel zur Heilung in Beziehungen

Was bedeutet Versöhnung wirklich – und warum ist sie für gelingende Beziehungen unerlässlich? Darüber sprechen Dr. Rudolf Sanders und Rolf Gersdorf, Leiter der Beratungsstelle „Leben im Kontext“ in Dortmund. Seit über 30 Jahren begleitet Gersdorf Menschen in Krisen – mit einem besonderen Fokus auf Paarberatung, Familienaufstellungen und dem tiefen Prozess der Versöhnung.

Wie Paarberatung und Familienaufstellung helfen, alte Verletzungen zu integrieren und neue Wege zu finden

Versöhnung beginnt bei sich selbst

In Paar- und Einzelberatungen begegnet Rolf Gersdorf immer wieder denselben Themen: Verletzungen, Zerwürfnisse, Bitterkeit. Oft stockt der Kommunikationsfluss, alte Wunden verhindern, dass Menschen sich wieder offen begegnen können. „Ein erster Schritt ist, sich mit der eigenen Geschichte zu versöhnen“, erklärt Gersdorf. Gerade in der systemischen Aufstellungsarbeit gehe es darum, schmerzliche Erfahrungen nicht zu verdrängen, sondern anzuerkennen. Gersdorf schildert eindrucksvoll: „Jemand sagte einmal nach einer Aufstellung: Früher musste ich das Bild meines Vaters mit mir herumtragen, weil ich nicht hinschauen konnte. Heute kann ich es an der Wand lassen und versöhnt hinschauen.“

Diese innere Aussöhnung ist oft Voraussetzung dafür, auch im Außen wieder neue Begegnungen zu ermöglichen – in Partnerschaften, aber auch mit sich selbst.

Die unterbrochene Hinbewegung: Ein zentraler Begriff der Familienaufstellung

Ein Schlüsselmodell, das Gersdorf in seiner Arbeit häufig nutzt, ist die sogenannte „unterbrochene Hinbewegung“, ein Begriff aus der Aufstellungsarbeit nach Bert Hellinger. Wenn zentrale Bezugspersonen wie Mutter oder Vater – etwa durch Krankheit oder emotionale Unerreichbarkeit – nicht erreichbar waren, könne sich diese ursprüngliche Bewegungsdynamik nicht vollenden. Gersdorf beschreibt diesen Prozess als zutiefst menschlich: „In der Aufstellung helfen wir, Schritt für Schritt wieder auf Vater oder Mutter zuzugehen, in einer gesunden Erwachsenenhaltung. Und genau an diesem Punkt geschieht Versöhnliches.“

Dieses Vorgehen sei oft ein Schlüsselmoment – nicht nur für die Beziehung zu den Eltern, sondern auch für aktuelle Partnerschaften, in denen ähnliche Muster wirksam werden.

Vergebung als eigenständiger Prozess

Doch was, wenn Versöhnung nicht möglich ist? Auch das kommt vor. Dann rückt das Konzept der Vergebung in den Fokus. Für Gersdorf ist dieser Prozess tief in seinem christlichen Menschenbild verwurzelt, gleichzeitig aber auch universell: Vergebung bedeutet, die eigene Opferrolle zu verlassen und auf Ressentiments zu verzichten. „Ich sehe alles – und ich lasse los“, formuliert er. Dieser Schritt braucht Reflexion, oft auch den geschützten Rahmen einer Gruppe. Hier können Menschen lernen, wie sich dieser Moment anfühlt – und was sich verändert, wenn Groll dem Wohlwollen weicht.

Gruppenarbeit als Katalysator für Veränderung

Besonders in der Gruppenarbeit erlebt Gersdorf immer wieder sogenannte „heilige Momente“, in denen Teilnehmende Durchbrüche erfahren. Er lädt ausdrücklich Kolleginnen und Kollegen ein, mehr mit Gruppen zu arbeiten: „Die anderen haben so viel Kompetenz, sie bringen ein liebendes Herz mit – dann wird das zu einem Segen.“

Dabei steht für ihn stets im Zentrum: Sicherheit. Menschen öffnen sich nur, wenn sie spüren, dass sie angenommen sind. Dieses Gefühl zu vermitteln, ist für Gersdorf das Fundament jeder erfolgreichen Beratung.

Vom Verstehen zum Fühlen

Versöhnung, Vergebung, Hinbewegung – Begriffe, die leicht abstrakt klingen, gewinnen in Gersdorfs Arbeit eine berührende Tiefe. Wer mehr darüber erfahren möchte, wie innere und äußere Versöhnung gelingen kann, dem sei das Video-Interview empfohlen. Es zeigt: Heilung beginnt oft dort, wo Menschen lernen, ihre Geschichte mit offenem Herzen anzuschauen – und sich selbst sowie anderen neu zu begegnen.

Schreiben Sie  Rolf Gersdorf, wenn Sie Fragen oder Anregungen zum Familienstellen haben: www.lebenimkontext.de

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